Theaterkritik schreiben

Ein Theaterkritiker bewegt sich stets in einem "Minenfeld der Meinungen". Eine Theaterkritik ohne ausreichende Sachkunde über Entstehungsgeschichte, frühere Aufführungen und den Verfasser des Werks zu schreiben, wird zum "Tanz auf dem Vulkan". Denn der Theaterkritiker muss einerseits die künstlerischen Intentionen des Intendanten und des Regisseurs nachvollziehen. Dazu benötigt er aber enormes Hintergrundwissen über die Ursprünge eines Bühnenwerkes. Andererseits muss der Rezensent natürlich auch ein gerüttelt Maß an Einfühlungsvermögen auf die Akteure und das das jeweilige Publikum mitbringen.

Das Schreiben einer Theaterkritik beginnt zunächst mit dem Lesen. Selbst versierte und langjährig erfahrene Theaterkritiker können nicht jedes Bühnenstück "im Hinterkopf" haben. Besonders bei kleinen Studiobühnen - nicht selten aber auch bei eher konservativen städtischen und Landestheatern - werden immer wieder provozierende "Kontrast-Aufführungen" zum kommerziellen "Einerlei" angeboten. Hier greifen Intendanten oft auf einen Pool wenig bekannter Stückeschreiber zurück, die zeitgenössische Akzente setzen oder ein Publikum jenseits des herkömmlichen "Unterhaltungstheaters" ansprechen wollen. Der angehende Kritiker sollte sich also mit dem Gedanken vertraut machen, ein ihm völlig unvertrautes Stück erst einmal vollständig durchzulesen, bevor er sich an eine Rezension wagt.

Jede Aufführung im Theater ist eine Interpretation überlieferter Werke Wer eine Theaterkritik schreiben will, muss sich bewusst sein, dass es keinen "Standard-Maßstab" für verschiedene Aufführungen identischer Werke geben kann. Jeder Beteiligte im "Stab" des Gesamtensembles steuert eine "persönliche Note" zur Gesamtaufführung bei. Ferner müssen bei Laientheatern oder winzigen städtischen Bühnen enorme Kostenrestriktionen bei der Bühnenausstattung berücksichtigt werden. Ein Rezensent hat daher bei der Beurteilung von Einzelheiten auch ausgesprochen feinfühlig mit der Gesamtwirkung der jeweiligen Aufführung auf das Publikum umzugehen. Denn letztendlich sind es die Besucher, die über Erfolg oder Misserfolg eines Theaterstücks entscheiden - auch wenn ihre Meinung von der des Theaterkritikers relevant abweicht.

Ein purer "Verriss" eines Theaterstücks ist für keinen Beteiligten hilfreich

Selbst wenn eine Inszenierung misslingt, die Darsteller "indisponiert" sind oder eine heillos "verbockte" Technik ein Theaterstück "verunglücken" lässt - der Kritiker darf auch dann nicht zum "Wutbürger" werden. Das Schreiben einer Theaterkritik soll stets ein konstruktiver Denkansatz sein - nicht aber eine bloße "Demontage" der Mitwirkenden oder des Publikums. Der Rezensent einer Theateraufführung muss impulsive eigene Emotionen stets in Distanz bringen zur effektiven Leistung des Ensembles und der Reaktion der Zuschauer. Erweckt eine Theaterkritik den Eindruck, dass sie aus einem fernen "Olymp" heraus verfasst wurde, verfehlt sie letztendlich ihr Ziel. Ein Bühnenwerk aus persönlichem Frust heraus oder aus purer Freude an der "Demontage" der Mitwirkenden zu verfassen, schadet letztendlich auch dem Schreiber selbst.

Distanz zum Ensemble oder Kontakte - was ist für den Theaterkritiker besser?

Wer gute Theaterkritiken schreiben will und in der Materie der Bühnenliteratur bewandert ist, mag es für unnötig halten, vor einzelnen Aufführungen mit den Ensembles - etwa für Interviews - in Verbindung zu treten. Der Kritiker darf ja nie in den Ruch verdächtig enger Nähe zu einem Ensemble geraten. Routiniers auf dem Gebiet der Theaterkritik werden aber hier stets den "goldenen Mittelweg" finden - denn persönliche Eindrücke von Intendanten, Regisseuren und Schauspielern helfen stets bei der Beurteilung ihrer Leistung im Einzelfall weiter.

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